Zu wem fahrt ihr?

Nein, nicht zu wem, sondern wohin: nach Petra! Und damit ein herzliches "Hallo!" an euch!
Wie ich bereits im letzten Beitrag angekündigt hatte, war am letzten Donnerstag der Unabhängigkeitstag Israels. Es handelt sich um den Nationalfeiertag Israels, daher arbeiteten wir donnerstags nicht und am Mittwoch nur halb, schließlich beginnt der jüdische Tag schon am Vorabend. Wir hatten also ein verlängertes Wochenende und entschlossen uns dazu, die antike Ruinenstadt von Petra in Jordanien zu besichtigen.

Das Khazne al-Firaun, oder auch "Schatzhaus", ist das bekannteste Motiv in Petra

Petra war die Hauptstadt der Nabatäer, einem Wüstenvolk, das sich im 6. Jh. v. Chr. im heutigen Jordanien niederließ. Sie kontrollierten bald allerdings auch große Teile der Negev und des Sinais und gelangten auf diese Weise, quasi als Wächter der Routen nach Afrika, Südarabien und Asien, schnell zu großem Einfluss und Wohlstand. Dieser Reichtum spiegelt sich noch heute in den atemberaubenden Bauwerken wieder! Einen Eroberungsversuch durch die Griechen konnten die Nabatäer abwenden, trieben allerdings trotzdem nach deren Rückzug mit den verbliebenen, friedlichen Griechen Handel. Über Waren wurde auch Kultur ausgetausch, und so verwundert es nicht, in den Bauwerken die Einflüsse der Nachbarkulturen wiederzufinden:

Beispielhaft für die verschiedenen Einflüsse: Babylonische "Treppen-"Architektur im oberen Teil, darunter en schlichter Fries nach ägyptischem Vorbild, während das Tor und der Giebel wie auch das oben abgebildete "Schatzhaus" römisch-hellenistisch geprägt sind.










Den römischen Eroberungsfeldzügen konnten die Nabatäer jedoch nicht standhalten und wurden unter Kaiser Trajan in das Römische Reich eingegliedert. Unter römischer Herrschaft war die Stadt noch lange Verwaltungszentrum der Provinz, bis Petra von einigen schweren Erdbeben stark beschädigt wurde. Der Ort geriet im Westen in Vergessenheit und wurde erst 1812 von dem schweizerischen Orientforscher Johannes Burckhardt wiederentdeckt. Die inzwischen in den Höhlen lebenden Beduinen des B'dhoul-Stammes wurden von der jordanischen Regierung umgesiedelt, behielten allerdings die Exklusivrechte am Tourismus. Aus diesem Grund wird man heute alle fünf Meter von Souvenirhändlern gefragt, ob man etwas kaufen möchte, oder von Guides auf einen "im Eintrittspreis enthaltenen" Kamel- oder Pferderitt eingeladen.

Unsere Reise begann am Mittwochnachmittag mit einer Busfahrt nach Eilat. Da ich diese Stadt noch nicht besucht hatte, bot der geplante Ausflug die willkommene Gelegenheit, sich ein Bild von der Stadt am Roten Meer zu machen. Abends war an der Strandpromenade eine große Feier zu Ehren der israelischen Unabhängigkeit mit Feuerwerk, Live-Bands und einigen Fahrgeschäften - was eben so alles dazugehört.
Nach einer entspannten Nachtruhe brachen wir vier (zwei Deutsche und zwei Österreicher) zum Grenzübergang "Yitzhak Rabin" auf, einer von drei Möglichkeiten, um auf dem Landweg nach Jordanien einzureisen.


An der Grenze wird man unmittelbar zur Kasse gebeten, ca. 25 Euro kostet die Ausreise aus Israel und das Visum für Jordanien ca. 65 Euro. Wir mussten dummerweise zu einem recht unverschämten Kurs Geld wechseln; die jordanische Währung heißt "Jordanischer Dinar", wobei ein Dinar ungefähr einem Euro und zwanzig Cent entspricht. Auf der anderen Seite angekommen wurden wir positiv überrascht: Uns wurde aus nicht ganz verständlichen Gründen ein kostenloses Visum ausgestellt - Geld haben wir also gespart, hätten aber auch an einem anderen Ort wechseln können. Hinterher ist man immer schlauer, aber vielleicht kann ja noch jemand anderes von unserer Erfahrung profitieren.


"WE COME TO JORDAN" - hat sich da jemand einen Scherz erlaubt? Rechts sieht man übrigens den jordanischen König.

Auf einem Parkplatz warteten geduldig Taxifahrer auf Kundschaft, sie fahren zu einem festen Preis von 60 Dinar nach Wadi Musa, dem touristischen Ort, der Petra vorgelagert ist. In einem zugegebenermaßen schon etwas abgenudelten Wagen rauschten wir durch die jordanische Wüste und passierten mehrere Checkpoints, doch auf der halben Strecke wechselten wir aus nicht ganz verständlichen Gründen das Taxi und wurden in einem neueren Hyundai bis zum gewünschten Ort gebracht. Der zweite Taxifahrer war unterhaltsamer als der erste und sprach auch gut Englisch, wir unterhielten uns über unsere Herkunft und was wir in Israel machen, er erzählte vom gerade währenden Fastenmonat Ramadan und den Herausforderungen des Fastens. Schließlich bot er uns an, uns für 110 Dinar insgesamt hin- und wieder zurückzufahren, wir würden auf diesem Weg also 10 Dinar sparen. Wir sagten zu, als Freiwillige verändert man sich nämlich ehrlich gesagt ziemlich zum Schnäppchenjäger. Allerdings mussten wir mit zwei Dritteln des Gesamtpreises in Vorauszahlung treten. Man hätte an diesem Punkt skeptisch sein können (war ich auch ein bisschen), wir haben allerdings eine Quittung und seine Telefonnummer bekommen, außerdem hat alles einen recht seriösen Eindruck erweckt. Wir glaubten also an das Gute im Menschen, das sollte sich auch später als richtige Entscheidung herausstellen.
Inzwischen war es früher Nachmittag, wir deponierten also unsere Sachen im authentischen Hostel und wagten uns schon einen halben Tag in die antike Stadt hinein.


Bevor man die ersten Bauwerke erreicht, muss man erst noch eine sich durch den Sandstein windende Schlucht, besser gesagt "Canyon" passieren. Allein schon diese Naturformation raubt einem den Atem, je nachdem, wie das Licht fällt, entstehen ganz einzigartige Schattenspiele und die Felsen scheinen fast zu glühen. Und schließlich, ganz aus dem Nichts, erblickt man durch den Felsspalt die so berühmte Fassade des sog. "Schatzhaus", dem Khazne.


Für uns ging es noch ein wenig weiter in die Stadt hinein, bis wir auch schon wieder zu unserem authentischen Hostel umkehren mussten. Die archäologische Stätte hat nur bis zum Sonnenuntergang geöffnet, wir waren aber auch schon etwas hungrig und gingen in dem Ort auf die Suche nach einem passenden Restaurant. Als wir uns schließlich für eine Option entschieden hatten und saßen, wollte ich ein traditionelles jordanisches Gericht probieren und wählte deshalb "Mansaf": Dabei handelt es sich um eine in fermentiertem, getrockneten und schließlich wieder verflüssigtem Joghurt, sog. "Jameed", gekochte Lammkeule, die mit traditionell gewürztem Reis und Fladenbrot serviert wird.

An der Keule war zwar fast nichts dran, geschmeckt hat es aber.

Meine erste Nacht in Jordanien war sehr gut, im Gegensatz zu den anderen wurde ich auch nicht von dem Muezzin gegen fünf Uhr geweckt. Noch ein Wort zu unserer Unterkunft: Für den Preis (70 Euro für ein Viererzimmer und zwei Nächte) sind wir wirklich gut untergekommen und hatten sogar ein eigenes Bad. Scheinbar ist die Unterkunft in Freiwilligenkreisen bereits bekannt, wir trafen zufällig andere französische Freiwillige unserer israelischen Organisation!
Nach einem kleinen Frühstück brachen wir erneut zu der antiken Stadt auf. Wir haben an diesem Tag eine große Strecke zu Fuß zurückgelegt, da das Gelände ist sehr weitläufig ist und es wirklich überall interessante Bauwerke zu bestaunen gibt: Zum einen das einzige vollständig in den Fels geschlagene Theater der Welt, welches von den Nabatäern auf ca. 350 Sitzplätze angelegt und durch die Römer auf 750 Plätze erweitert wurde, zwei riesige Tempel, einer aus nabatäischer und einer aus römischer Epoche, eine ganze Fassade von Grabmälern, die aus einer Felswand herausgearbeitet wurden, eine Kirche aus byzantinischer Zeit und ein recht abgelegenes Gebäude, das "Kloster", welches wohl zu rituellen Zwecken verwendet wurde. Im Folgenden seht ihr ein paar Eindrücke, vielleicht könnt ihr ja das ein oder andere Genannte entdecken:













Erschöpft von dem langen Marsch und den vielen Eindrücken huschten wir noch schnell durch das dazugehörige Museum am Eingang.In diesem wird noch einmal die Geschichte der Stadt und der Nabatäer erzählt; für die Lesefaulen (und die waren wir nach diesem langen Tag) wird die Geschichte in einem animierten Film zusammengefasst - genau das Richtige nach 6 Stunden Wanderung!
In unserem Hotel haben wir vorzüglich zu Abend gegessen, es gab eine ganze Tafel an Speisen und Salaten, dazu wurde frisch gegrillt... Am Ende war jeder satt!
Und wie versprochen hat am nächsten Morgen ein Wagen auf uns gewartet, der uns zur vereinbarten Uhrzeit und zum vereinbarten Preis wieder zurück an die Grenze fuhr - ich war mir nicht sicher, ob alles klappen würde, war am Ende aber wirklich positiv überrascht! Wir saßen zwar auf der Rückfahrt nicht mehr in einem offiziellen Taxi und ich kann mir gut vorstellen, dass ein wenig um die Taxigesellschaft und auch um die Steuern "herumgewirtschaftet" wurde - letztlich konnte uns das aber ja egal sein, wir bekamen, was wir wollten. Wieder zurück über die Grenze, alles reine Formalitäten: hier ein Stempel, dort ein Zettel, schnell noch die Rucksäcke durchgeleuchtet, das war's.



Auf diese Weise blieben gute zwei Stunden übrig, bevor der Bus nach Hause fuhr, Zeit genug, um noch im Roten Meer zu baden: Das Wasser war angenehm kühl und bot eine willkommene Erfrischung, die Stadt Eilat mag ich trotzdem nicht - sie ist so touristisch und eine riesige Mall direkt an der Strandpromenade brauch doch wirklich niemand, oder? Beim Baden galt also: Den Blick immer schön auf die jordanischen Berge richten und das klare Wasser genießen. Das Rote Meer heißt auf Hebräisch übrigens "Jam Sof", übersetzt also so etwas wie "Endmeer" - kein Wunder, wenn man dessen Lage aus israelischer Sicht betrachtet!

Damit verabschiede ich mich für's Erste von euch, in den nächsten Wochen werden vermutlich keine Beiträge von mir kommen, aber man weiß ja nie, was so passiert...

Bis dahin, gehabt euch wohl und schaut euch den ESC an, wenn ihr nichts Besseres zu tun habt.

Viele Grüße aus Israel

von eurem Johannes




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