Raus ins Grüne

Der April ist vorüber, der letzte Regen gefallen und das Thermometer klettert gerne über die 25°-Marke, aber auch noch nicht zuweit - wahrlich die beste Zeit, um raus in die Natur zu gehen. Im äußersten Norden Israels, unweit der Grenze zum Libanon, liegen die tiefgrünen Wälder Nordgaliläas.


Eine Seite Israels, die ich bis jetzt noch nicht sehen durfte, und da ich an den nächsten beiden Wochenenden bereits verplant bin, galt es, die Situation beim Schopf zu packen und ein bisschen aus dem Alltag auszubrechen.
Wie bereits erwähnt, lag das Reiseziel ein paar Kilometer südlich der Grenze, und wenn man schon einmal da ist, darf man gerne auch die Höhlen von Rosch HaNikra besichtigen, heißt es in Freiwilligenkreisen. Diese Touristenattraktion liegt wirklich unmittelbar an der Grenze, und bei "Grenze" handelt es sich in diesem Fall nicht um eine europäische "Ich-kann-hingehen-wo-ich-will-Grenze", sondern um eine der bestbewachten Demarkationslinien der Welt. Wie kann man sich das vorstellen? Von weitem sieht man bereits einen hohen Radarturm und aus näherer Distanz eine Betonmauer mit aufgesetztem Stacheldraht.

Die über den Bergkamm verlaufende Grenzmauer

 Zur Klippe hin wurde ein Grenzposten errichtet, auf dem Soldaten Wache halten. Auf dem Boden befindet sich ein erstes gelbes Tor und in Sichtweite ca. 20 m dahinter ein weiteres Tor mit Betonwänden in der Mitte. Da ist wohl schon lange niemand mehr durch...




Als Besucher darf man bis zu dem ersten gelben Gatter, an dem ein gelangweilter Soldat stand. Nicht wissend, ob man hier etwa auch Fotos machen durfte (an den Übergängen in das Westjordanland ist dies verboten), schaute ich mich unsicher etwas um, bis eine Gruppe Radfahrer angestrampelt kam. Diese hatten wirklich keine Berührungsängste, machten Witze mit dem Soldaten ("Darf ich zurück?") und posierten ganz drollig für die Kamera. Ich vermute, es handelte sich um Israelis.
Wie auch immer, auch ich machte nun in der Deckung der Radler ein, zwei Bilder, bis es zu den Höhlen weiterging.
Rosch HaNikra ist der einzige Ort an der israelischen Mittelmeerküste, an dem kein Strand ist und eine Steilküste ins Meer hinabfällt. Diese 70 Meter Höhenunterschied zwischen Grenzanlage und Höhlen kann man als Tourist ganz bequem mit einer gelben oder roten Doppelmayr-Kabine heruntergondeln, unten angekommen wird man zu den Höhlen geleitet.



Eindrucksvoll hört man das Echo der Wellen in den Höhlen widerhallen, gegen welches eine nicht unerhebliche Anzahl an Fledermäusen anschrie. Das Wasser hat eine türkis-blaue Farbe und hebt sich auf diese Weise von der Dunkelheit der Höhle ab, mit der Geräuschkulisse entsteht so eine ganz besondere Stimmung.



Wieder zurück am Tageslicht kann man die strahlend weißen Kalkfelsen bestaunen. Einer von ihnen erinnert an die Form eines Elefanten, doch seht selbst:



Der Ort hat aber auch eine interessante Geschichte: Zur Zeit des Völkerbundmandats für Palästina wollten die Briten eine Eisenbahnstrecke von der Türkei bis nach Ägypten errichten. Ein Teil davon war die Strecke Haifa-Beirut-Tripoli, die tatsächlich auch fertiggestellt und in Betrieb genommen wurde. Rosch HaNikra stellte auf dieser Etappe eine Herausforderung dar, da hier wie bereits beschrieben die Küste steil ins Meer abfällt. Aus diesem Grund haben die Briten in die Felsen zwei Eisenbahntunnel gebaut. Diese wurden im israelischen Unabhängigkeitskrieg 1948 aus Angst vor einer libanesischen Invasion am Nordende durch eine Sprengung unpassierbar gemacht.
Doch Rosch HaNikra war schließlich nicht das Hauptziel meines Ausflugs, es ging also weiter in das Landesinnere, hinein in die grünen Wälder.

Na, von wem werde ich denn hier begrüßt?

Der besuchte Park wurde von dem Jüdischen Nationalfonds errichtet und erinnerte ein wenig an die typischen amerikanischen Nationalparks, wie man sie aus den Filmen kennt: Holzschilder mit gelber Aufschrift, große Holztore und einige Blockhäuser. Die Wanderwege sind sehr gut markiert und sind auch nicht überlaufen, trotzdem begegnet man auch ab und zu entgegekommenden Wanderen und ist nicht komplett einsam.


In dem Wandergebiet befindet sich auch eine von den Kreuzfahrern errichtete Spornburg namens "Montfort". Eine Spornburg ist eine Burg, von der zu beiden Seiten der Hang abfällt, im Gegensatz zu den sich selbst erklärenden Hang- oder Gipfelburgen. Bei den Kreuzfahrern handelt es sich um den Deutschen Orden, die die Wehranlage als Schutz für die Stadt Akko errichteten. Die Burg ist heute in einem recht guten Zustand, dies ist der Tatsache zu verdanken, dass es keine naheliegenden Ortschaften gibt, die die Ruine als Steinbruch hätten benutzen können.




Es hat sehr gut getan, mal für ein Wochenende dem alltäglichen Lärm zu entfliehen, für zwei Tage nicht viel mehr zu hören als das Rauschen des Windes in den Bäumen, das Singen der Vögel, die frische Luft einzuatmen, die wärmenden Sonnenstrahlen zu spüren und vor allem die wunderbaren Farben der Natur zu sehen: das Grün der Bäume, die Blumen, das kristallklare Wasser in den Bächen. Wo ich in Israel wohne, gibt es das alles nur in künstlich angelegter Form und der Autolärm ist allgegenwärtig - nicht so wie im Norden oder bei mir zu Hause in Deutschland!



Am Mittwochabend beginnt der israelische Nationalfeiertag zur 71-jährigen Unabhängigkeit und am Donnerstag wird nicht gearbeitet - es folgt also ein langes Wochenende! Was ich dann machen werde - nun, seid gespannt auf den nächsten Eintrag!

Ich wünsche euch bis dahin alles Gute!

Euer Johannes

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