Regen und Licht

Schalom, Schalom,

ich wünsche euch einen schönen zweiten Advent!


Auf einen Tipp unseres Koordinators hin haben wir vergangenes Wochenende wieder in Haifa verbracht: In der sog. "Deutschen Kolonie" und im "Wadi Nisnas", zwei Vierteln der Stadt, sollte es weihnachten. Obwohl ich ehrlich gesagt kurz davor war, den eher spontanen Ausflug aufgrund des seit Tagen herrschenden Dauerregens abzusagen, entschieden wir uns schließlich - gottseidank - doch für die kleine Reise. Am Freitag setzten wir uns also in bekannten Bus der Linie 947, welcher übrigens in die andere Richtung bis nach Jerusalem fährt, und erfreuten uns zunächst auch in Haifa am Regen. Nach einem herzlichen Empfang in unserer gastgebenden WG (Vielen Dank nochmal an euch!) und einer wohltuenden heißen Zitrone machten wir uns nach Sonnenuntergang in besagte Gegenden auf. Und tatsächlich: Uns wurde nicht zuviel versprochen! In der Deutschen Kolonie, die ihren Namen übrigens aus der Zeit der Tempelritter hat, blinkte und leuchtete und glitzerte es ganz herrlich! Kitschige Weichnachtsstimmung nach amerikanischem Vorbild, die Stromrechnung darf schließlich nicht zu gering ausfallen. Doch im Ernst: Es waren einige geschmückte Tannenbäume zu finden, davon einer von gewaltiger Größe - und wohlgemerkt neben einem Halbmond und einer Chanukkia! 


Im Hintergrund obigen Bildes ist der Schrein des Bab zu sehen. Der Platz heißt passenderweise "UNESCO Square for Tolerance and Peace" - welch ein schönes Symbol!

Es folgen einige weitere Impressionen:






Nach einem feinen Abendessen (asiatisch...) landeten wir noch, mehr oder weniger per Zufall im jüdisch-arabischen Kulturzentrum "Beit HaGefen". Der Portier lud uns ein, eine bereits laufende Theatervorstellung zu besuchen. Dieser Einladung folgten wir selbstredend! Zu Gast war eine französische Theatergruppe aus Marseille. Die Vorstellung an sich ist schwierig zu beschreiben, ich probiere es mit folgenden Adjektiven: viersprachig (Hebräisch, Französisch, Arabisch und Englisch), artistisch (es war ein professioneller Tänzer dabei - wow!), lyrisch (zwischendurch wurden immer mal wieder Gedichtfetzen eingeworfen - oder waren die Gedichte etwa komplett?), dramatisch (auch Dialoge und klassische Elemente des Theaters kamen vor) und - verzeiht - ein wenig wirr. Kunst auf jeden Fall! Wir alle waren danach ein wenig sprachlos und ließen den Abend gemütlich in einer Bar ausklingen...

Am nächsten Morgen wurden wir tatsächlich von der Sonne geweckt - hurra! So gingen wir mit ein paar ausgezeichneten Blintschiki (russischen Pfannkuchen) im Magen los, um uns noch ein wenig kulturell weiterzubilden. Auf dem Plan stand zuerst das Shagal Artists House (nein, mit Marc Chagall hat dies vermutlich nichts zu tun) und später noch einmal das Kulturzentrum "Beit HaGefen". Besonders in Erinnerung geblieben sind mir zum einen eine obskure Zeichnung, die Militärjets über einem Berg zeigte und mit Kohle bei einem Waldbrand im Carmel National Park zerstörter Bäume gezeichnet wurde. Darauf wurden mit einer Nadel florale Elemente gestochen. Zum anderen erinnere ich mich gut an zwei Fotografien, die in Kappadokien aufgenommen wurden: Die eine zeigte 25 einheimische Männer auf 25 Hügeln, die andere alle 25 versammelt auf einem Hügel.
Wie bei der Vortellung am vorigen Abend liegt auch hier die Botschaft nicht auf der Hand; letzten Endes muss sich diese ein jeder ein Stückweit selbst erarbeiten. Es regt auf jeden Fall zum Nachdenken an: über Frieden, Toleranz und Zusammenleben. Das Zentrum ist auf jeden Fall (mindestens) einen Besuch wert!
Inzwischen verließ uns das gute Wetter, der Himmel verfärbte sich Grau in Grau. Doch nicht so unsere Laune! Mit dem Superbus ging es zum Cape Carmel...



... wo wir in die Seilbahn einstiegen...



... und hinauffuhren in das Karmelitenkloster "Stella Maris". Dort soll der Prophet Elijah vor der Machtprobe mit den Baalspropheten in einer Höhle Unterschlupf gefunden haben. Darüber wurde ein Kloster mit einer atemberaubenden Kapelle errichtet:


Da wir noch nichts zu Mittag gegessen hatten, inzwischen ging es auch schon auf fünf Uhr am Nachmittag zu, kam uns ein nebenan gelegenes Kiosk ganz recht. Allerdings stellte sich dieses als Restaurant mit alpenländisch geprägter Küche heraus - nun gut, dann sollte eben schon Abendessenszeit sein! Auf der letzten Seite der Karte entdeckte ich die "Specials", es gab lauter bayerische und österreichische Schweine- und Kalbswürste - welch ein Volltreffer!


Dazu gab es einen Apfelsaft - frisch gepresst! Wahrhaftig ein vorgezogenes Weihnachtsessen und den Umständen entsprechend sogar recht erschwinglich!

Nachdem wir zwei ganze Stunden gut getafelt haben, fuhren wir gut gestärkt in unser gänzlich unweihnachtliches Ra'anana und wurden von einer monströsen Chanukkia am Ortseingang begrüßt. 




 Heute ist nun auch der letzte der acht Tage, an denen sich an das Ölwunder erinnert wird, bei unseren Nachbarn wurde dies mit einer größeren Familienfeier begangen.

Und das war es auch für's erste wieder von mir! Der Dezember ist allerdings schon durchgeplant, sodass der nächste Beitrag nicht lange auf sich warten lassen wird.

Bis dahin alles Gute und wie jeden Sonntag euch einen guten Start in die neue Woche,

Euer Johannes



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