Unsere Wohnung ist unrein!

Liebe Leser,

ja, nun ist es passiert: Am Donnerstag, den 22. November 2018, wurde in unsere Wohnung Schweinefleisch gebracht! Nun kann hier also vorerst kein koscheres Essen mehr zubereitet werden...
Und so ist es dazu gekommen:
Nachdem ich auf der Arbeit eine sehr interessante Diskussion über eine klassische deutsche Mahlzeit, also Bratwurst, Sauerkraut und Bier, quasi klischeehaft, führte, kam das Gespräch recht schnell auf Schweinefleisch in Israel. Schwein gilt als unrein und ist daher nicht koscher!

Ein kleiner Exkurs: Zu den koscheren Speisevorschriften (Kaschrut) gehört grundlegend, dass nur Wiederkäuer mit zweigespaltenen Hufen oder Meeresbewohner mit Schuppen verzehrt werden dürfen. Treife, also nicht koscher, ist also Schwein, da kein Wiederkäuer, aber auch Pferd; außerdem Aal, Shrimps und Muscheln etc. Außerdem müssen fleischige und milchige Zutaten stets getrennt zubereitet und gelagert werden und zwischen dem Verzehr verschiedenartiger Speisen muss ebenfalls eine gewisse Zeitspanne liegen. Das kann soweit gehen, dass es in jüdischen Haushalten Geschirr, Besteck und Töpfe zweimal gibt. An diese Regeln halten sich Juden mehr oder weniger streng, viele essen beispielsweise kein Schweinefleisch, aber sonst milchige und fleischige Zutaten in Kombination.

Zurück zum eigentlichen Thema: Das Gespräch im Löwenstein kam auf die "Helga-Wurst", eine Schweinewurst, die von einem in Nürnberg ausgebildeten Metzger im Norden des Landes hergestellt wird. Dies und andere Nicht-Koscheres sollte es in einem Supermarkt geben, der vor ein oder zwei Wochen im Nachbarort Kfar Saba eröffnete. Wir sind also noch am Donnerstag dorthin, der Wocheneinkauf stand schließlich ebenfalls noch aus, und erfreuten unser Auge an lange nicht Gesehenem: Salami aus Deutschland, Parmaschinken aus Italien und einigen polnischen und russischen Wurstsorten. Überhaupt war der Supermarkt mit hebräischen und kyrillischen Schildern ausgestattet, da Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion sich wohl seltener an die Speisevorschriften halten, wie mir erzählt wurde. Zu unseren Einkäufen gehörten also zwei Neuheiten: Zum einen entdeckten wir ein angeblich alkoholfreies Getränk mit dem Namen "МЕДОВИЙ КВАС МОНАСТИРСЬИЙ" (Honig - Kvass Monastyrskiy). Probieren geht über Studieren, also landete die recht günstige PET-Flasche im Einkaufswagen. Der Inhalt der Flasche wurde authentisch mit "2 ДМ³ ± 1,5%" angegeben - allerhand! (Eine quasi überflüssige Anmerkung: ein Kubikdezimeter entspricht einem Liter). Die Vorderseite zeigte des Weiteren einen vergnügt dreischauenden Mönch mit einem beeindruckenden Bart und einem Bierkrug in der Hand, man meint gerade, er wolle einem zuprosten! Das Getränk schmeckte, wer hätte es gedacht, nach Bier und nach Honig und war recht herb - interessant!
Zum anderen erstand ich ein paar Scheiben luftgetrockneten Schinken ("Prosciutto"). Unsere Wohnung war allerdings davor schon nicht mehr koscher, da sie schon deutsche Gummibärchen gesehen hat. Die Überschrift ist also nicht aktuell, ich habe allerdings versucht, eine "Erzählschlinge" zu legen - so, wie es mir in der Schule beigebracht wurde ;-)

Am Freitag ging es morgens wieder nach Tel Aviv - genauer gesagt in die "Weiße Stadt". In den 40er Jahren entstand hier in der jungen Stadt Tel Aviv ganze Wohnviertel im Design des in Deutschland recht bekannten "Bauhaus". Mittlerweile zum UNESCO-Welterbe gehörend, eröffnete sogar ein "Bauhaus Center" in der Dizengoff Street. Dies war aber mehr eine Gallerie oder ein Shop als ein richtiges Museum, meiner Meinung nach muss man es nicht unbedingt gesehen haben. Ganz anders aber die Gebäude, die heute noch zu bewundern sind: Sicherlich ist ein Großteil der Gebäude nicht mehr in dem Glanz wie kurz nach der Fertigstellung, aber gerade die Dizengoff Street und der Dizengoff Square sind gut in Schuss gehalten worden, es folgen einige Impressionen:

Eines der Häuser am Dizengoff Square

In der Ecke unten rechts findet ihr das "Bauhaus Center"



Aber wie ihr auf dem letzten Bild sehen könnt, ist bei einigen Häusern das Weiß schon recht verblichen - schade, meiner Meinung nach geht so die ganze Wirkung dahin...

Obwohl ich nicht viel von Kunst oder Architektur verstehe, fand ich die Häuser sehr schick und die Vorstellung beeindruckend, dass mal ein ganzes Viertel so ausgesehen haben muss.

Bei mir hat die Woche heute bereits gut angefangen, und auch euch wünsche ich einen guten Start in die letzte Novemberwoche!

Lehitra'ot,

euer Johannes

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