Jerusalem, Yerushalayim oder al Quds?

Liebe Leser,

gestern war es also endlich soweit: Ich war in der Stadt der Städte, in Jerusalem! 


Jerusalem ist heilige Stätte von gleich drei Weltreligionen: Für das Christentum ist Jerusalem neutestamentarischer Schauplatz, hier wirkte Jesus Christus mehrfach im Tempel, hier war das letzte Abendmahl, hier ist er begraben und auferstanden. Für das Judentum ist Jerusalem ebenfalls religiöses Zentrum, hier standen beide Tempel, wobei die westliche Mauer (besser bekannt als Klagemauer) noch heute steht und an welcher die göttliche Anwesenheit immer noch zu spüren sein soll. Im islamischen Glauben ist Jerusalem neben Mekka und Medina eine der drei heiligen Städte, in al Quds (arabisch für "die Heilige") soll der Prophet Mohammed in den Himmel aufgestiegen sein.
Ich will euch nun mit auf meine Reise nehmen und einige Eindrücke mit euch teilen!
In unserer altbewährten Reisetruppestarteten wir gestern morgen in der Frühe und stiegen nach einer 40-minütigen Busfahrt um halb acht in den Zug in Herzlia. Von dort ging es mit nur einem Umstieg in Bet Schemesch nach Jerusalem, wobei wir im Zug nach Jerusalem noch Probleme mit unseren Tickets bekamen. Hinweis für alle Bahnreisende in Israel: Eine Rav-Kav allein reicht zwar für Busfahrten, nicht aber für Zugreisen! Vor einer solchen müsst ihr die Rav-Kav mit einem entsprechenden Zugticket aufladen!
In Jerusalem angekommen, ging es mit Buslinie 18 vom Bahnhof direkt zur Altstadt. Wir begannen unserer Tour mit Durchschreiten des Jaffa-Tores, einem der Stadttore Jerusalems.

Jaffa-Tor (West)
Hinter dem Jaffa-Tor ist die Grabeskirche gelegen, einer der christlichen Höhepunkte. An dieser Stelle soll Christus gekreuzigt, gesalbt und begraben worden sein, wie auf folgendem Mosaik zu erkennen:


Unmittelbar vor dem Mosaik befindet sich der Salbungsstein; der Golgota-Felsen, auf dem das Kreuz stand, befindet sich im hinteren Teil der Kirche.



Oben: üblicher Andrang vor der Gruft, in der Christi Grab liegen soll

Die Stelle des Grabes kann natürlich nicht zu 100 Prozent bewiesen werden, auch wenn sie sehr authentisch sein soll. Im Glauben geht es aber nicht um Wissen, und daher hatte ich beim Betreten der Gruft ein sehr ergreifendes Gefühl. Es war auf jeden Fall mein persönliches Highlight der Jerusalem-Reise!


Die Grabeskirche ist keine Kirche im klassischen Sinne, vielmehr ein Konglomerat aus Bauten verschiedener christlicher Konfessionen. Es gibt Bereiche, die allen Religionsgemeinschaften gemeinsam sind, und konfessionseigene Teile.


In Nachbarschaft der Grabeskirche befindet sich die protestantische Erlöserkirche, welche Kaiser Wilhelm II. Ende des 19. Jh. erbauen ließ (unten). Die Begrüßung war wohl auch aus diesem Grund auf Deutsch:


An unzähligen Souvenirshops ging es weiter zur Klagemauer (hebräisch: Hakotel Hama'arawi [die westliche Mauer]). Die Klagemauer hat den Stellenwert einer Synagoge, daher müssen Männer eine Kippa tragen. Kostenlose Leih-Kippas werden am Eingang ausgegeben.


Auf diesem Bild ist außerdem die Al-Aqsa-Moschee zu sehen (Kuppel in der rechten Bildhälfte).
 

Frauen und Männer besuchen, wie in allen Synagogen, unterschiedliche Bereiche. Auf dem oberen Bild ist der Männerbereich zu sehen. Gelegentlich wird die Torah vor der Mauer von Jungen mit Gesängen herumgetragen (feiern sie die Bar Mitzwa?), außerdem werden Gebetszettel in die Spalten gesteckt, die regelmäßig von Rabbinern entfernt und zeremoniell vergraben werden.

Zentral im Bild befindet sich die goldene Kuppel des Felsendoms

Eine jüdische Feier

Der Zutritt zur Al-Aqsa-Moschee und zum Felsendom ist Nichtmuslimen untersagt, und selbst der Zutritt zum Tempelberg unterliegt strengen Auflagen. So kam es, dass wir diesen Teil Jerusalems nur von unten sahen (siehe Bilder oben). Schade!
Weiter ging es über das Dung-Tor (ja, Dung im Sinne von Viehmist! - hier wurden früher die Abfälle aus der Stadt gebracht) zum Ölberg und dem Garten Getsehmane.

Dung-Tor (Süd)

Sicht auf den Ölberg mit Garten Getsehmaneh (links) inmitten karger Landschaft

Ölberg mit Kirche aller Nationen (links) und orthodoxer Maria-Magdalena-Kirche mit Zwiebeltürmen (mittig)


Die Kirche aller Nationen: Der Bau wurde mit Spendengeldern aus den verschiedensten Ländern finanziert, daher rührt der Name. Eine weitere sehr schöne Kirche mit einem prächtigen Garten! Es befinden sich einige weitere Kirchen auf dem Ölberg, u.a. die russisch-orthodoxe Maria-Magdalena-Kirche mit sieben vergoldeten Zwiebeltürmen, die von Zar Alexander III. erbaut wurde. Leider ist dieses Schmuckstück für Besucher nur dienstags und donnerstags von 10.00 bis 12.00 Uhr geöffnet. Bei meinem nächsten Besuch werde ich dieses Versäumnis nachholen!

Der Garten der "Kirche aller Nationen"

Willkommen auf dem Ölberg!

Zurück in die Altstadt durch das Löwentor (man beachte die vier Löwen an den Seiten des Tores), das auch Stephanstor genannt wird: Angeblich soll an dieser Stelle der Diakon Stephanus sein Martyrium durchlebt haben...

Löwentor/Stephanstor (Ost)

Ein alter osmanischer Brunnen unmittelbar hinter dem Löwentor

Anschließend schritten wir ein Stück der Via Dolorosa ab (s.u.), dem Kreuzesweg Jesu, vorbei an der Stelle der Verurteilung und am "Ecce Homo"-Bogen. Ganz zur Grabeskirche gingen wir nicht, davor bogen wir nach rechts ab...


...und gelangten zum Damaskustor, dem größten und berühmtesten der Jerusalemer Stadttore. Im Tor und dahinter befindet sich ein lebhafter, wuseliger orientalischer Basar. Links und rechts stehen Händer, die einem "die besten" Angebote machen. Von Obst und Gemüse über Haushaltsgeräte bis zu Goldschmuck war alles zu kaufen!

Damaskustor (Nord)

Zurück über den Basargelangten wir in das ruhige jüdische Viertel. Vorbei am Cardo, steinernen Überresten aus byzantinischer Zeit, gelangten wir zu den letzten Punkten auf unserer Besichtigungsliste.

Cardo



Zur Besichtigung des Zionbergs muss man ebenfalls die Jerusalemer Mauern verlassen, dieses Mal durch das gleichnamige Zionstor (links von außen und rechts von innen).


Auf dem Zionberg befindet sich die Dormitio-Abtei (hier spricht man übrigens ebenfalls Deutsch) und das Grab König Davids. In der Abtei staunten wir nicht schlecht über eine singende und betende Reisegruppe; allerdings waren die Mitarbeiter der Abtei über die Gesänge nicht begeistert...
Das Grab König Davids ist, ähnlich der Klagemauer, eine jüdische Gedenk- und Gebetstätte. Wir wollten die Betenden nicht stören und suchten den protestantischen Friedhof auf dem Zionberg, in dem Oskar Schindler begraben liegt. Nach einer Suche fanden wir den Eingang, leider war der Friedhof aber schon geschlossen. Auch dieses werde ich bei meinem nächsten, hoffentlich baldigen zweiten Besuch nachholen!
Müde von der langen Wanderung, den Witterungsverhältnissen (trotz über 30°C und hoher Luftfeuchtigkeit sollte man in Jerusalem anständige, lange Kleidung tragen) kehrten wir auf eine Erfrischung in das Café der Dormitio-Abtei ein, in der wir auf eine bayerische Reisegruppe trafen.

Blick auf die karge Landschaft Richtung Osten

Und schon ging es wieder zurück nach Hause! Immerhin waren wir fast sieben Stunden in Jerusalem unterwegs. Ein unmittelbar anschließender Besichtigungstag mit Übernachtung hätte sich kaum gelohnt, da das Zugticket aller-retour mit Busfahrt vor Ort nur 32 Shekel, also ca. 8 Euro kostete. Ich denke, es ist besser, an einem anderen Tag nach Jerusalem zurückzukehren, auch damit man die Eindrücke des Tages besser verarbeiten kann und sich nicht gleich ins nächste Abenteuer stürzt.

Jerusalem ist ein einzigartiger Ort, und es ist klar, dass dieser Reisebericht kaum eigene Erfahrungen ersetzen kann. Für mich ist dieser Besuch unvergesslich und ich freue mich auf eine Wiederholung!

Heute ist Freitag, es beginnt also in Bälde der Schabbat. Von Sonntag bis Dienstag ist Rosch HaShana, das jüdische Neujahrsfest und Feiertag, sodass ich mich erst wieder in einiger Zeit melden werde.
Bis dahin wünsche ich euch nur das Beste,

Schabbat Schalom!

P.S.: Der bei uns übliche Silvestergruß "Guter Rutsch" stammt möglicherweise über das Jiddische vom hebräischen "Rosch" (Anfang, Kopf) ab.

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